| Predigt Handout

28.07.24 gesunden: Auf Kurs bleiben

Hier kannst du den Beitrag als pdf herunterladen: 1Tim6_Kurs halten_AB

1 „Toxisch“

Man könnte meinen: Wenn man einmal die richtige Richtung eingeschlagen hat, dann ist es ganz einfach auf Kurs zu bleiben: Immer geradeaus weiter. Lebst du so? Aber wir können nicht immer geradeaus weiterfahren. Es gibt Hindernisse, die wir umfahren müssen und äußere Einflüsse, die uns dazu zwingen, dagegen zu steuern. Wenn man mit dem Auto unterwegs ist, kann man selbst auf gerader Straße das Lenkrad nie ganz gerade halten, weil die Straße nicht waagerecht ist. Es gibt also Einflüsse, die zwingen uns zu lenken, obwohl wir gerade fahren wollen. Was können solche Hindernisse oder schiefe Straßen sein? Zwei Einflüsse sind besonders herausfordernd: Erstens Gegenwind und Leid. Dann geht es nicht einfach geradeaus weiter. Ein zweiter Einfluss ist mindestens genauso herausfordernd und davon handelt der 1. Timotheusbrief: Die Einflüsse von anderen Menschen auf unser Leben. Sind unsere Freunde gut für uns? Ist das, was uns unsere Eltern beigebracht haben giftig oder gesund? Toxische Beziehungen nennt man solche, die dir schaden. Sie bringen dich von einem guten Kurs ab. Inzwischen ist „toxisch“ zum Modewort geworden. Es gibt toxische Beziehungen, toxische Männlichkeit und Weiblichkeit, toxische Familien, Scham, Gemeinschaften, etc. Das Gift lauert überall, wo wir aufeinander treffen. Dazu kommt noch, dass wir auch in uns ein gewisses Giftpotential haben. Was hilft uns also auf Kurs zu bleiben um zu gesunden? Jedenfalls nicht einfach festhalten und weitermachen. Wir müssen steuern.

2 Hilfsmittel

Wer etwas anderes lehrt, hält sich nicht an die unverfälschten Worte unseres Herrn Jesus Christus. Und ebenso wenig hält er sich an die Lehre, die der Ausübung des Glaubens entspricht. Er ist überheblich und ohne Einsicht. Ja, er ist geradezu süchtig nach Streitereien und Wortgefechten. Daraus entsteht nichts als Neid, Streit, Verleumdungen, üble Verdächtigungen – ein fortwährender Zank zwischen Leuten, die den verstand verloren haben. Sie haben sich selbst um die Wahrheit gebracht. Denn sie meinen, mit ihrem Glauben ein Geschäft machen zu können. Richtig verstanden, ist die Ausübung des Glaubens ein großer Gewinn – wenn man dabei noch genügsam ist. (1. Timotheus 6,3-5)

Was hier steht klingt ein wenig danach, weiter zu machen: Nichts anderes lehren, also immer bei dem bleiben, was man gelernt hat? Hier werden toxische Beziehungen beschrieben: Man wird neidisch, streitet sich, redet schlecht übereinander und verdächtigt sich. Um auf Kurs zu bleiben, müssen wir herausfinden, wo das Gift liegt und was gesund ist. Der Text gibt uns ein paar gute Hinweise. Es reicht nicht ein Hinweis, sondern wir brauchen mehrere.

Erstens: Paulus redet von den „unverfälschten Worten unseren Herrn Jesus Christus“. Jesus ist gesund. Um auf Kurs zu bleiben ist die ganz zentrale Frage: „Was hat Jesus gesagt?“, und der Hinweis, dass er unser Herr ist: Er hat alles im Griff. Jesus ist der Schlüssel dafür, dass wir gesunden. Nun haben wir allerdings ein Problem, dass die Gemeinde bei Timotheus auch schon hatte: Jesus ist nicht hier. Das ist aber gar kein so großes Problem, wie es zunächst aussieht. Wir haben sehr glaubhaft in der Bibel die Berichte davon, was Jesus gesagt und getan hat. Außerdem hat Jesus versprochen, uns durch den Geist an alles zu erinnern. Wir können also davon ausgehen, dass wir sehr wohl hören können, was Jesus sagt. Und wir können davon ausgehen, dass wir Jesus darin begegnen.

Das zweite Problem ist größer. Nur weil wir wissen, was Jesus sagt, haben wir seine Worte noch lange nicht verstanden. Also beschäftigen wir uns damit und suchen Erklärungen. Aber: Stimmt das, was Menschen mir erklären? Ich vermute: Manchmal werden die Worte von Jesus missbraucht, weil Menschen vergiftet sind.

Paulus greift deshalb ein zweites Standbein auf. Er kommt auf eusebeia zu sprechen: Frömmigkeit oder Gottesfurcht. Im Alten Testament ist sehr häufig von Gottesfurcht die Rede. Menschen erschrecken (beben, erzittern) vor Gott. Im Neuen Testament kommt sie viel seltener vor. Paulus redet in unserem Brief über eusebeia als wäre sie ein Modewort. Es braucht Gottesfurcht. Aber was ist das? Vielleicht hast du schon mal Angst vor Gott gehabt. Gott ist für uns Menschen nicht zu beherrschen. Im gleichen Kapitel schreibt Paulus, dass Gott in einem unzugänglichen Licht wohnt (1. Timotheus 6,16). Kein Menschen hat ihn jemals gesehen oder kann ihn sehen. Ist das beängstigend, dass wir Gott nicht kontrollieren können? Gott wohnt nicht in einer undurchdringbaren Finsternis, sondern im Licht. Er ist so gut (!), dass wir keinen Zugang haben. Wir brauchen eine Gottesfurcht vor der Güte. Gottesfurcht und Frömmigkeit meint also eine gute Ehrfurcht. Es braucht nicht nur die Worte von Jesus, sondern auch eine gesunde Gottesfurcht. Leider ist Frömmigkeit bei uns nicht immer gesund.

Der Bibeltext gibt uns noch einen dritten Hinweis. Die toxischen Menschen meinen, dass man mit der Frömmigkeit Gewinn machen kann. Ob Paulus dabei vor Augen hat reich zu werden, wissen wir nicht. Mit dem Gewinn könnte auch gemeint sein berühmt zu werden oder besonders angesehen. Zu einer gesunden Gottesfurcht gehört unbedingt bescheiden zu bleiben. Man kann mit Gottesfurcht ziemlich viel Schaden anrichten. Man kann, weil man selbst Angst hat oder sich selbst groß machen will, mit Gott drohen und Druck machen. Paulus weiß: Es gibt toxische Menschen. Die sind aufgeblasen. Die reden fromm, aber die haben sich selbst im Blick. Eine gute Frömmigkeit ist nicht von Menschen abgehoben, sondern zugewandt. Eine gute Frömmigkeit sagt nicht, dass Gott zu lieben über die Liebe zu Menschen geht. Eine gute Gottesfurcht sagt: Gott zu lieben ist das höchste Gebot. Aber meine Mitmenschen zu lieben ist dem gleich. Frömmigkeit ist eine gute Eigenschaften. Sie vermittelt uns Ehrfurcht vor Gott und seiner Güte. Aber Frömmigkeit bei aufgeblasenen Personen, die sich selbst bereichern wollen, ist hochgiftig.

3 Flucht nach vorne

Du aber, Mensch Gottes, hüte dich davor! Bemühe dich vielmehr um Gerechtigkeit, Ausübung des Glaubens, den Glauben selbst, Liebe, Standhaftigkeit und Freundlichkeit. Kämpfe den guten Kampf des Glaubens! Erlange das ewige Leben! Zu beidem bist du berufen. Und dazu hast du dich bekannt, als du vor vielen Zeugen das gute Bekenntnis abgelegt hast. (1. Timotheus 6,11+12)

Wieder taucht das Stichwort der Gottesfurcht auf. Hüte dich also davor, Gottesfurcht zu missbrauchen. Fliehe. Allerdings hilft nur weglaufen nicht. Stattdessen sagt Paulus, wonach wir trachten sollen: Gerechtigkeit, Gottesfurcht, Glaube, Liebe, Standhaftigkeit und Freundlichkeit. Zur Gottesfurcht gehört die Freundlichkeit. Gottesfürchtige Menschen sind keine angsteinflößenden, distanzierten und abgehobenen Menschen, sondern freundliche Menschen. Bei Gottesfürchtigen Menschen fühlst du dich nicht verurteilt, sondern angenommen. Gottesfürchtige Menschen geben dir nicht das Gefühl, falsch und abgelehnt zu sein, sondern dich der Freundlichkeit öffnen zu können.

Drittens rät der Bibeltext zu kämpfen. Was ist ein „guter Kampf des Glaubens“? Ist es ein guter Kampf, wenn man gegen Terroristen kämpft? Ist es ein guter Kampf, wenn das Böse besiegt wird? Auch, wenn es dabei zu Mord und Totschlag kommt? Ein guter Kampf ist einer, bei dem es keine Opfer gibt und wo nicht gemordet wird. Paulus war ein Kämpfer. Er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, als er Menschen von Jesus erzählt hat. Der Kampf ist deshalb gut, weil er nicht gegen jemanden kämpft, sondern sich für Menschen einsetzt – und zwar nicht, indem andere geopfert werden. Bei normalen Kämpfen geht es immer darum, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Beim guten Kampf des Glaubens kämpfen wir dafür, dass alle gewinnen. Der gute Kampf ist dazu da, um das ewige Leben zu ergreifen. Das ewige Leben meint nicht einfach ein Leben, das ewig dauert und ich mir schnappe. Ein ewiges Leben meint ein lohnenswertes Leben, eins, das ewig gut ist. Das ewige Leben ergreifen wir nicht, indem wir uns nur um uns drehen und dabei andere hinter uns lassen. Das ewige Leben ergreifen wir, indem wir einen guten Kampf kämpfen, bei dem alle gewinnen. Ein guter Kampf zerstört nicht die Gemeinschaft, sondern schafft sie. Wir kämpfen auch nicht gegen Menschen, die keine Christen sind. Die „böse Welt“ sind nicht die Menschen. Wir kämpfen darum zu glauben, zu vertrauen, Gott zu ehren. Unsere Aufgabe ist, nicht auf Kosten von anderen zu kämpfen, sondern bescheiden zu bleiben.

4 Fazit

Um auf Kurs zu bleiben brauchen wir Gottesfurcht. Gott ist zu ehren. Und Gott ist im Licht. Also ist Gottesfurcht gepaart mit Freundlichkeit. Freundlichkeit ist kein oberflächliches Verkaufslächeln. Freundlichkeit ist eine von innen kommende Herzlichkeit. Sie freut sich über den anderen Menschen. Freundlichkeit hat etwas Freundschaftliches – sie kommt von jemandem, der Freund ist. Um auf Kurs zu bleiben, brauchen wir also Gottesfurcht und Freund des Menschen werden. Nur dann kämpfen wir gut. Wir müssen davor fliehen, toxisch zu werden, indem wir selbst uns bereichern wollen auf Kosten von anderen.