| Predigt Handout

21.01.24 Mehr als alles hüte dein Herz

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Es gab zwei Auslöser für diese Predigt:

Erstens: Miley Cyrus singt von einer zerbrochenen Beziehung. Erst nach langer Zeit kann sich darüber sprechen, was das für beide bedeutet hat. Im Chorus singt sie: „I’m sorry that you’re jaded“ – es tut mir leid, dass du erschöpft oder abgestumpft bist. Schlechte Erfahrungen können uns bitter und müde machen. Bist du auch „jaded“? Wie können wir lebendig bleiben?

Zweitens die Jahreslosung: „Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1. Korinther 16,14) Der Bibelvers ist nicht so leicht ins deutsche zu übersetzen. Eigentlich stehen dort am Anfang nur zwei Wörter, nämlich ‘alles’ und ‘euer’: „Alles des euren“. Es geht um alles was wir tun, um alles was bei uns los ist, um das was uns ausmacht. Dieses „alles“ soll in Liebe geschehen. Das Wort für ‘geschehen’ meint auch ‘entstehen’ oder ‘werden’. Es geht in etwa um folgendes: Am besten wachsen Kinder in einem Raum auf, in dem sie geliebt werden. Kinder müssen versorgt werden, aber auch erzogen; sie brauchen Freiraum, und müssen gleichzeitig gelenkt werden. Am besten passiert das alles in Liebe. Davon redet Paulus. Er will, dass wir mutig und taff werden mit einem gesunden Urvertrauen: „Seid wachsam, haltet am Glauben fest, seid mutig und stark!“ (1. Korinther 16,13) Wir bleiben nicht stehen, sondern wir entwickeln uns, verändern, erschaffen und kreieren und das soll in einer liebevollen Atmosphäre passieren.

Wenn du nicht „jaded“ werden willst, dann musst du auf dich aufpassen. Aber wie passen wir auf uns auf? Salomo rät: Mehr als alles hüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus. (Sprichwörter 4,23)

Im Text ist von „hüten“ die Rede. Schafe werden gehütet. Das heißt, sie werden beschützt. Hüten hat heißt aber auch, die Schafe zur nächsten grünen Wiese zu führen und sich um ihr Befinden zu kümmern. Wer sein Herz hütet, der schottet sich nicht ab, sondern er führt sein Herz an Orte, wo es Nahrung bekommt. Wer sein Herz hütet, der achtet auf das Wohlergehen. Hüten meint also nicht (nur) abzuwehren. Hüten schaut danach: Was tut meinem Herzen gut? Wie können wir unser Herz so hüten, dass es lebendig und liebevoll bleibt?

1 Mehr als alles

Unser Vers beginnt mit den Worten „mehr als alles“. Es geht also um einen Vergleich. Diese Weisheit sagt, dass es vieles gibt, was wir hüten.

  • Wir hüten unseren Besitz. Es ist nicht gut, wenn wir unser Geld einfach verschleudern oder Besitzt zerfallen lassen. Und es ist auch nicht gut, das Fahrzeug unabgeschlossen überall stehen zu lassen.

  • Wir sollten unseren Körper hüten. Ich weiß, dass es ein paar Lebensmittel gibt, die in meinem Körper ungute Folgen auslösen. Deshalb versuche ich sie zu vermeiden. Ich versuche meinem Körper das zu geben, was ihn aufbaut. Bewegung gehört auch dazu, wenn wir unseren Körper hüten.

  • Wir hüten auch unsere Beziehungen. Ich versuche darauf zu achten, wie es den anderen in der Familie geht. Ich setze mich für sie ein. Oder ich rufe Freunde an, weil ich die Beziehung erhalten will.

Es gibt vieles, was sich lohnt zu hüten. Unser Vers sagt: Von allem, was zu behüten ist, solltest du vor allem auf dein Herz achten.

2 Herz

Wie genau achtet man auf sein Herz? Wie können wir es davor behüten, „jaded“ zu werden? Wie versorgen wir es? Wie wird es mutiger? Und was genau ist eigentlich das Herz? Joris singt von dem Herz über dem Kopf: „Das Herz sagt bleib, der Kopf schreit geh“. Ist das Herz unser Gefühl? Das Herz kann hart werden, oder auch beschmutzt. Offensichtlich ist es anfällig für etwas, was uns böse entscheiden lässt. Es gibt Herzeleid und wir können herzlich sein. Wir können herzzerreißend weinen und es geht uns etwas zu Herzen – aber wohin genau geht das eigentlich?

Herz beschreibt einen Mittelpunkt. Das Herz einer Sache ist das, was es ausmacht. Aber Herz ist noch mehr als das. Es ist eigen und sucht Kontakt. Wir haben ein Herz für etwas. Ein Computer hat kein Herz für dich. Der funktioniert und tut genau das, was ihm gesagt wird. Wir Menschen sind da deutlich komplizierter. Wir haben unseren eigensinnigen Antrieb. Wir können mitfühlend sein, obwohl es sich nicht für uns auszahlt. Das wird deinem Computer nie passieren. Herz beschreibt also, dass wir mehr sind als eine Maschine. Das Herz hat damit zu tun, dass wir soziale Wesen sind und sich zwischenmenschliche Empfindungen regen. Unser Vers sagt, dass von unserem Herzen das Leben ausgeht. Das Herz ist nicht das Leben, aber es ist das Tor. Das Leben kommt aus ihm heraus. Das Herz ist der Ort für deine Lebendigkeit. Wenn die Herzenstür zu geht, dann wirst du leblos. Wer ein Leben führt, ohne auf sein Herz zu hören oder hören zu können, der wird dürr wie eine vertrocknete Blume. Herzlos ist leblos, obwohl jemand noch lebt. Wie aber können wir das Herz hüten?

3 Schützen oder öffnen?

Manchmal begegne ich Menschen, die auf ihre psychische Gesundheit achten und dabei hart werden. Ich meine nicht eine gesunde Abgrenzung, sondern eine seltsame Härte. Oder ich treffe Menschen, die auf ihr Seelenheil achten, und dabei herzlos werden. Ich meine Menschen die mehr Bibel lesen und beten als ich und trotzdem hartherzig und ausschließend geworden sind. Es scheint also möglich sein auf sein Herz zu achten, aber trotzdem herzlos zu werden.

Wenn es darum geht, sein Herz zu behüten, dann geht der Blick bei vielen zuerst dahin, was wir vermeiden sollten. Aber noch wichtiger ist, was wir brauchen. Ich kann es nur hüten, indem ich es schaffe, mich zu öffnen. Gleichzeitig hat hüten auch damit zu tun, zu beschützen. Ich darf eben nicht alles an es heran lassen. Wie kann ich mich gleichzeitig öffnen und schützen? Unzählige Gespräche mit Seelsorgern und Therapeuten, Supervisionssitzungen und andere Treffen habe ich mit der Frage verbracht, wie ich mich öffnen und gleichzeitig schützen kann. Diese Frage will immer wieder bearbeitet werden.

Kinder sind sehr leicht zu manipulieren. Deshalb bringt man Kindern bei: Wenn ein fremder Mensch dich anspricht und dich in seinem Auto mitnehmen will, dann sagst du Nein. Wir bringen ihnen bei, sich zu schützen: Gehe niemals mit einem fremden Menschen mit. Als Erwachsener wissen wir: Ich muss aufpassen, wem ich mich anvertraue.

Aber will ich, dass Kinder nur noch misstrauisch sind? Gleichzeitig bringen wir einem Kind bei, dass es reden soll, wenn es etwas auf dem Herzen hat. Kindern geht es gut, wenn sie unbekümmert spielen können und dafür brauchen sie Vertrauen. Wir behüten unser Herz nur, wenn wir uns öffnen und vertrauen. Deshalb kann es passieren, dass man sehr viel in der Bibel liest und viele Gottesdienste besucht, aber trotzdem sein Herz nicht behütet und unausstehlich wird – weil es nur noch darum geht abzuwehren.

Jesus erklärt seinen Jüngern mal, dass sie das Salz der Erde sind. Sie sind also gut für diese Welt. Sie bringen eine gute Würze. Dann redet Jesus aber davon, was passiert, wenn Salz nicht mehr salzt. Über diesen Teil habe ich mich regelmäßig gewundert. Wie könnte Salz nicht mehr salzen? Hast du schon mal Salz probiert und es war nicht mehr salzig? Was meint Jesus also damit, dass Salz nicht mehr salzt? Ich glaube folgendes: Salz entfaltet dann seine Wirkung, wenn es etwas beigefügt wird. Dass Salz salzig ist, merkst du dann, wenn es in der Suppe ist. Salz, dass auf einem Salzhaufen gesammelt wird, hilft nichts. Salz, dass nicht mehr salzt, ist Salz, dass nur für sich ist. Jesus spricht im gleichen Atemzug auch von einem Licht, dass verdeckt wird und nur für sich ist. Dieses Licht macht überhaupt keinen Sinn.

Um sein Herz zu hüten, muss man es öffnen und nicht nur abgrenzen. Gleichzeitig benötigen wir Erfahrungen und Werte, sonst öffnen wir uns möglicherweise einem Dieb, der uns das Herz stehlen möchte. Wir müssen es also schützen. Um unser Herz hüten zu können, brauchen wir andere, die uns anleiten. Wir brauchen vertrauenswürdige Personen, die uns inspirieren. Wir brauchen Liebe. Gleichzeitig müssen wir weise und erwachsen werden. Sonst halten wir etwas für Liebe, was gar keine ist. Wir meinen, etwas sei richtig, was aber herzlos ist. Oder wir öffnen uns etwas, was wir für herzlich halten, aber gefährlich ist. Hüte dein Herz bedeutet also: Sich öffnen und weise werden. Geliebt werden und sich vor bösen Einflüssen wehren.

Ich glaube, dass bei Jesus ein guter Ort ist. Er ist sehr weise. Und er liebt. Er legt den Fokus darauf, mehr zu vertrauen. Lege den Fokus nicht darauf, wovor du dein Herz schützt. Sondern schau mindestens genauso sehr darauf, was es braucht. Sein Herz zu hüten geht nicht, ohne sich Menschen zu öffnen und ich meine auch sich Gott zu öffnen. Dein Herz braucht das. Es kann nicht alleine. Mehr als alles hüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus. (Sprichwörter 4,23)