| Predigt Handout

01.09.24 Dreieinigkeit: Unser Leben in einem neuen Licht (2)

Hier kannst du den Beitrag als pdf herunterladen: 1Joh1_AB

1 Was will Gott für uns?

Was möchte Gott für unser Leben? Ich glaube: Leben und Gemeinschaft. Mit Leben meine ich lebendig sein: Energie haben, unterwegs sein, gestalten. Mit Gemeinschaft meine ich, dass wir dieses Leben in Verbindung und einig leben können, also geliebt werden, uns mitteilen und empfangen können, Wärme erleben. Dabei sind Gemeinschaft und Leben ständig bedroht. Dass in Solingen Menschen verletzt oder getötet wurden und wie damit umgegangen wird führt uns das noch mal vor Augen. Gott will für uns Leben und Gemeinschaft und beides kommt aus ihm, aus der Dreieinigkeit.

2 Geschichte der Trinitätlehre

In der Bibel kommt der Begriff Trinität nicht vor und in den ersten beiden Jahrhunderten hat auch niemand von ihr gesprochen. Aber etwas anderes ist passiert: Christen haben Formulierungen gebraucht, die zeigen, dass Gott Gemeinschaft in sich ist. Sie haben „auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ getauft. Jesus wurde auch göttliche Würde zugesprochen und Herr, griechisch kyrios, genannt. Der Heilige Geist wurde nicht nur als Kraft, sondern als Person beschrieben. Das alles kann man in der Bibel finden und es war bei den ersten Christen normal. Aber niemand hat versucht, eine Trinitätslehre zu beschreiben.

Das änderte sich im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr., was mit Irrlehren zusammenhing. Einige fingen an zu behaupten, dass Jesus zuerst in Gott existiert hat, aber dann aus ihm herausgetreten und eigenständig wurde. Andere meinten: Gott ist nur einer und Jesus ein gewöhnlicher Mensch. Das war wieder anderen zu wenig und sie haben dann behauptet, dass Jesus von Gott bei der Taufe adoptiert wurde. Die Theorien wurden als Irrlehre abgelehnt. Nach einigen Diskussionen hat man sich am Ende des 4. Jahrhunderts auf eine Formulierung geeinigt: Gott ist ein Wesen in drei Seinsweisen. In den folgenden Jahrhunderten geriet die Trinitätslehre in den Hintergrund, ab dem 17. Jahrhundert und der Aufklärung wurde sie mehr und mehr bezweifelt und abgelehnt. Erst seit dem zweiten Weltkrieg ist die Lehre von der Trinität neu aufgeblüht. Einer der dabei wichtigsten Theologen ist Jürgen Moltmann. Er hatte als Jugendlicher in Hamburg im zweiten Weltkrieg in der Flugabwehr gekämpft. Dabei hat er erlebt, wie Kameraden neben ihm von Bomben zerfetzt wurden. Dann hat er etwas entdeckt, was für ihn alles geändert hat: Als Jesus am Kreuz hängt, leidet nicht nur Jesus, während der Vater unbeteiligt ist. Gott grenzt sich nicht ab, sondern er nimmt das Leid der Welt in sich auf. Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist bilden eine Gemeinschaft und alles geschieht in ihr. Die Trinitätslehre verteidigt, dass Jesus Gott ist. Dann ist Gott mehr als einer. Und bei Menschen wie Moltmann kann man sehen, wie viel Hoffnung darin steckt. Unser Bibeltext für heute dreht sich um Leben, Gemeinschaft und Wahrheit. Diese drei Begriffe atmen Dreieinigkeit:

1 Was von Anfang an gegeben war, war das Wort, das Leben bringt. Wir haben es gehört. Wir haben es mit eigenen Augen gesehen. Wir haben es angeschaut und mit eigenen Händen berührt. 2 Ja, das Leben selbst ist sichtbar geworden, und wir haben es gesehen. Wir bezeugen es und verkünden es euch: das ewigeLeben, das beim Vater war und für uns sichtbar wurde. 3 Wir haben es gesehen und gehört und verkünden es auch euch. Dadurch sollt auch ihr mit uns Gemeinschaft haben. Die Gemeinschaft mit uns ist aber zugleich die Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus. 4 Dies schreiben wir, damit die Freude uns ganz und gar erfüllt. 5 Das ist die Botschaft, die wir von Jesus Christus gehört haben und die wir euch verkünden: Gott ist Licht, in ihm gibt es keine Spur von Finsternis. 6 Wir lügen, wenn wir behaupten: »Wir haben Gemeinschaft mit Gott!«, und leben doch in der Finsternis. Was wir tun, entspricht dann nicht der Wahrheit.7 Wenn wir aber im Licht leben, wie Gott selbst im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander. Dann reinigt uns das Blut von jeder Schuld, das sein Sohn Jesus für uns vergossen hat. 8 Wir betrügen uns selbst, wenn wir behaupten: »Wir haben keine Schuld auf uns geladen!« Dann wirkt die Wahrheit nicht in uns. 9 Wenn wir aber unsere Schuld eingestehen, ist Gott treu und gerecht: Er vergibt uns die Schuld und reinigt uns von allem Unrecht, das wir begangen haben. 10 Wir machen sogar Gott zum Lügner, wenn wir behaupten: »Wir haben noch nie etwas getan, wodurch wir schuldig geworden sind!« Dann wirkt sein Wort nicht in uns. (1. Johannes 1)

3 Leben

Johannes geht ganz an den Anfang zurück: Bevor unsere Welt entstanden ist, gab es das Leben. Die Bibel behauptet: Lebendiges ist nicht von alleine entstanden. Johannes behauptet: Wir haben das Leben in Person getroffen. Er hat also nicht nur jemanden gesehen, der lebt. Sie haben den Ursprung gesehen. Wir leben. Aber wir haben uns das Leben nicht selbst genommen. Wir können das Leben auch nicht auf Dauer festhalten. Das Leben ist für uns keine verfügbare Größe. Johannes sagt, dass das Leben von außen kommt, aus der unsichtbaren Welt. Und Leben ist ein großes Geschenk, denn ohne Leben ist nichts. Johannes sagt in dem Text, dass das ewige Leben bis dahin beim Vater war, aber nun sichtbar wurde. Wir könnten mit dem Leben umgehen, wie mit einer Sache oder Energie. Aber es ist Person. Ewiges Leben meint das ursprüngliche Leben, dass jedes Lebewesen lebendig gemacht hat. Wir alle haben von dem gleichen ursprünglichen Leben unsere Lebendigkeit geschenkt bekommen. Johannes behauptet gemeinsam mit anderen dieses ursprüngliche Leben in Person getroffen zu haben. Unsere Existenz hängt von dieser (göttlichen) Person ab. Ohne sie sind wir nichts. Gott will also, dass du lebst. Nur deshalb tust du es. Und bei ihm ist das ewige Leben zu finden, das nicht endende, die Quelle, der Ursprung: Schon immer da und für immer da.

4 Gemeinschaft

Der zweite wichtige Begriff ist Gemeinschaft. Auch die liegt in Gott begründet. Um diesen Begriff verständlicher zu machen, redet Johannes vom Licht. Finsternis steht dafür, dass man sich verstecken kann und muss. Also mindestens in gewissen Teilen wird Gemeinschaft verhindert. Johannes sagt, dass Gott Licht ist. Da gibt es nichts, was Gott in sich voreinander verstecken würde. Nicht nur das Leben, sondern auch Gemeinschaft hat also ihren Ursprung in Gott.

John Gottmann hat eine Art von Finsternis beschrieben, wenn er von den vier apokalyptischen Reitern für eine Beziehung redet. Sie führen zu einer gestörten Gemeinschaft. Gottmann hat diese Verhaltensweisen für Paare herausgefunden, aber man kann sie auf jede Art von Beziehung übertragen: Mauern (die andere Person weiß nicht mehr, woran sie bei dir ist), sich in eine Opferrolle zurückziehen (die andere Person ist verantwortlich und du bist es nicht), unsachliche Kritik und Verachtung. Allen vier Verhaltensweisen ist gleich, dass das Licht in der Gemeinschaft ausgeknipst wird. Es wird böse gehandelt und verborgen. Beides ist ein Zeichen für die Finsternis.

Gemeinschaft braucht Licht. Gottes Vision für uns ist, dass wir Gemeinschaft haben – mit ihm und untereinander. Johannes kämpft dabei mit einer Gruppe, die das Konzept Sünde verwerfen. Sie meinen mit Sünde nichts zu tun zu haben. Auch heute ist für viele das Konzept Sünde überholt. Johannes meint aber, dass es dann verlogen und finster wird. Sünde ist eben menschlich. Wir haben mit beidem zu kämpfen: Dass wir böse handeln und dass wir uns verstecken (müssen). Fulbert Steffensky redet über die Kunst des halben Gelingens (Aufatmen 3/24). Er stellt im Rückblick fest, dass nichts völlig fertig und vollkommen geworden ist. Gemeinschaft ist gebrochen. So stehen wir voreinander und stellen uns in Gottes Licht. Denn Gemeinschaft liegt wie das Leben in Gott.

5 Wahrheit

Johannes redet davon, die Wahrheit zu tun. In unserer Sprache können wir Wahrheit erkennen oder glauben. Aber wie tun wir Wahrheit? Wahrheit „tun“ kann man nur, indem man wahr ist. Wenn zwar unser Image stimmt, es in uns aber anders aussieht, dann sind wir nicht wahr. Wenn wir fromm reden, aber andere beleidigen, dann glauben wir vielleicht an die Wahrheit, aber wir sind es nicht. Jesus ist nicht gekommen, damit wir an Wahrheit „glauben“, sondern damit wir wahr werden und die Wahrheit tun. Das führt zur Gemeinschaft: Wahrhaftig, ehrlich, treu sein. Wenn wir uns im Licht aufhalten, dann wird – menschlich wie wir sind – das sichtbar, was unvollkommen ist. Dann sieht man auch unser halbes Gelingen. Die Dreieinigkeit lädt uns ein, uns in Gottes Gemeinschaft zu stellen, unser halbes Gelingen zuzugeben. Gott öffnet seine heilende Gemeinschaft uns.

6 Fazit

Leben und Gemeinschaft haben ihren Ursprung in Gott – nicht in uns. Sie sind ein Geschenk. Jetzt geht es darum, wahr zu werden und Wahrheit zu tun. Das erreichen wir nicht, indem wir versuchen sündlos zu werden oder sündlos tun – sondern in der Kunst des halben Gelingens. So dürfen wir uns in Gottes Gemeinschaft stellen.